Die Vorfälligkeitsentschädigung ist eine einmalige Zahlung des Darlehensnehmers an die finanzierende Bank, wenn ein Darlehen vor Ablauf der vertraglich vereinbarten Zinsbindungsfrist ganz oder teilweise zurückgezahlt wird. Sie dient dazu, der Bank entgangene Zinsgewinne zu ersetzen und den kalkulierten Ertrag aus dem Kredit zu sichern.
- § 490 BGB: Verbraucherdarlehen unterliegen einem Widerrufsrecht; im Fall eines wirksamen Widerrufs entfällt die Entschädigungspflicht.
- AGB und Rechtsprechung: Banken berechnen die Vorfälligkeitsentschädigung nach ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) und orientieren sich dabei an marktüblichen Formeln. Gerichte wachen allerdings darüber, dass diese Berechnungen transparent, nachvollziehbar und nicht sittenwidrig sind.
Die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung bei vorzeitiger Rückzahlung eines Darlehens erfolgt in der Regel auf Basis der sogenannten Zinsdifferenzmethode. Dabei wird die Differenz zwischen dem vertraglich vereinbarten Nominalzins und dem aktuell am Markt erzielbaren Zins über die verbleibende Laufzeit des Kredits ermittelt – bezogen auf den vorzeitig zurückgezahlten Betrag. Diese Differenz stellt den entgangenen Zinsertrag der Bank dar, der durch die vorzeitige Rückzahlung entsteht.
Von diesem rechnerischen Zinsverlust werden jedoch Einsparungen abgezogen, die der Bank durch das vorzeitige Vertragsende ebenfalls entstehen. Dazu zählen unter anderem mögliche Disagio -Ersparnisse, falls der Kredit ursprünglich mit einem Abschlag ausgezahlt wurde. Auch entfallende Verwaltungskosten, die sonst für die laufende Betreuung des Kredits anfielen, sowie vermiedene Mittelbeschaffungskosten durch die Anpassung eigener Refinanzierungsquellen werden berücksichtigt. Diese Abzüge reduzieren die Gesamthöhe der Vorfälligkeitsentschädigung.
In der Praxis bewegt sich die Entschädigungshöhe meist zwischen 0,5?% und 2,0?% der vorzeitig getilgten Restschuld . Bei Krediten mit sehr langer Zinsbindung – etwa über 15 Jahre – kann sie auch bis zu 3,0?% betragen. Maßgeblich für die genaue Berechnung sind vor allem die verbleibende Laufzeit , die Höhe der Restschuld sowie die Differenz zwischen dem vereinbarten Zinssatz und dem aktuellen Marktzinsniveau. Je größer diese Zinslücke, desto höher fällt in der Regel die Entschädigung aus.
Allerdings gibt es auch Ausnahmen und Sonderkündigungsrechte, bei denen keine Vorfälligkeitsentschädigung anfällt. So können Verbraucherdarlehen ohne Entschädigung widerrufen werden, wenn die Widerrufsbelehrung im Ursprungsvertrag fehlerhaft war – der sogenannte „Widerrufsjoker“. Darüber hinaus erlaubt §?489 Abs.?1 Nr.?2 BGB eine ordentliche Kündigung ohne Vorfälligkeitskosten, sobald zehn Jahre seit vollständiger Auszahlung und Zinsbindung vergangen sind. Auch bei bestimmten Förderkrediten, etwa von der KfW , oder im Rahmen von Bausparverträgen gelten teilweise gesonderte, verbraucherfreundlichere Regelungen.
Auch wenn eine Entschädigung berechtigt ist, lohnt sich immer der Dialog mit der Bank:
- Einzelfallprüfung: Nachweis, dass die Bank erhebliche eigene Refinanzierungskosten spart.
- Kulanzregelungen: Viele Institute gewähren Stammkunden oder bei hohen Restschulden ermäßigte Sätze.
- Alternativen anbieten: Etwa Teilablösungen statt vollständiger Umschuldung , um die Entschädigung zu minimieren.
- Frühzeitige Anfrage: Lassen Sie sich sechs Monate vor Ablauf der Zinsbindung die fällige Entschädigung berechnen.
- Gesamtvergleich: Stellen Sie die Kosten der Vorfälligkeitsentschädigung der möglichen Zinsersparnis gegenüber.
- Widerrufsbelehrung prüfen: Ältere Darlehensverträge weisen häufig Formfehler auf – ein Widerruf kann günstiger sein als eine klassische Umschuldung .
- Marktzins beobachten: Nutzen Sie Zinsrückgänge zum optimalen Umschuldungszeitpunkt.
- Unabhängige Beratung: Finanzierungsberater oder Verbraucherschutz können helfen, verborgene Kosten zu identifizieren.
Frau Meier hat noch eine Restschuld von 200.000 € mit 4 % Zinsbindung. Aktuell bieten Banken 2,5 % für Anschlussdarlehen. Die entgangenen Zinsen betragen über die verbleibende Laufzeit von fünf Jahren rund 15.000 €. Nach Abzug von Disagio ?Einsparungen und Verwaltungskosten kommt die Bank auf eine Vorfälligkeitsentschädigung von 2 % der Restschuld (4.000 €). Gegenüber der Zinsersparnis von geschätzten 7.500 € rechnet sich die Umschuldung trotzdem.
Die Vorfälligkeitsentschädigung schützt Banken vor massenhaften Altkunden-Abgängen, kann aber für Verbraucher eine erhebliche Hürde bei der Umschuldung darstellen. Eine sorgfältige Kalkulation, rechtzeitige Planung und Verhandlung können die Belastung deutlich reduzieren.