Bei tilgungsfreien Jahren ruht während eines zuvor vertraglich vereinbarten Zeitraums der Tilgungsanteil Ihres Darlehens, während nur Zinsen gezahlt werden. Dieses Zahlungsmodell bietet insbesondere in Liquiditätsengpass- oder Investitionsphasen finanzielle Entlastung, führt aber zu einer konstanten Restschuld und verschiebt den Zeitpunkt der vollständigen Kredittilgung nach hinten.
Tilgungsfreie Jahre sind ein fester Bestandteil vieler Darlehensverträge und bieten Kreditnehmern die Möglichkeit, in bestimmten Lebens- oder Projektphasen ausschließlich Zinsen zu zahlen, ohne die Darlehenssumme zu reduzieren. Die rechtliche Grundlage bildet dabei die vertragliche Tilgungsvereinbarung in Kombination mit der Zinsbindung. Während die Zinsbindung in der Regel über die tilgungsfreie Zeit hinaus unverändert bestehen bleibt, wird lediglich der Beginn der Tilgungsphase nach hinten verschoben. Bei grundschuldbesicherten Krediten erfolgt die Vereinbarung über tilgungsfreie Jahre häufig im Rahmen der notariellen Grundschuldbestellung oder in einem ergänzenden Darlehensvertrag .
In der Praxis finden tilgungsfreie Jahre insbesondere bei Neubau- und Projektfinanzierungen Anwendung. Bauträger und Bauherren nutzen diese Phase, um finanzielle Mittel auf Baumaterialien, Baunebenkosten oder andere projektbezogene Ausgaben zu konzentrieren. Solche Modelle sehen typischerweise ein bis drei tilgungsfreie Jahre vor. Auch für Privatpersonen bieten flexible Finanzierungsmodelle mit tilgungsfreien Intervallen Vorteile – etwa während Elternzeiten, Studienphasen oder bei temporär reduziertem Einkommen. Darüber hinaus sind tilgungsfreie Jahre fester Bestandteil vieler staatlich geförderter Darlehen, wie etwa bei den Programmen der KfW . Diese sollen ökologische oder soziale Projekte unterstützen, indem sie den finanziellen Einstieg erleichtern.
Finanziell betrachtet bieten tilgungsfreie Jahre einerseits Planungssicherheit: Die monatliche Belastung beschränkt sich auf die Zinskosten, die konstant und gut kalkulierbar bleiben. Andererseits entstehen durch die ausbleibende Tilgung höhere Zinskosten über die gesamte Laufzeit , da die Darlehenssumme während der tilgungsfreien Phase unverändert bleibt. Nach Ablauf dieser Phase beginnt die eigentliche Rückzahlung, was zu erhöhten Raten oder einer verlängerten Gesamtlaufzeit führen kann.
Um diese Übergangsphase gut zu meistern, empfiehlt sich eine vorausschauende Strategie. Schon während der tilgungsfreien Jahre sollten Rücklagen gebildet werden, um späteren finanziellen Druck abzufedern. Ebenso kann es sinnvoll sein, nach Ende der tilgungsfreien Zeit Sondertilgungen zu leisten, um die Restschuld zügiger zu senken und damit Zinskosten zu reduzieren. Grundsätzlich sollte die Dauer der tilgungsfreien Phase immer im Einklang mit den geplanten Einnahmen oder Projektumsätzen stehen – insbesondere bei gewerblichen Vorhaben. So lassen sich Zahlungslücken vermeiden und der Tilgungsbeginn an eine realistische Liquiditätsentwicklung anpassen.
Ein privater Bauherr vereinbart mit seiner Bank zwei tilgungsfreie Jahre für den Bau eines Einfamilienhauses. Während dieser Zeit fließt sein Einkommen in Bau- und Baunebenkosten . Nach Fertigstellung des Hauses steigt er nahtlos in eine reguläre Tilgung mit 3 % Tilgungssatz ein und nutzt zusätzlich den jährlichen Sondertilgungsrahmen, um die Restschuld binnen zehn Jahren zu tilgen.