Tilgungsaussetzung

Definition

Die Tilgungsaussetzung erlaubt es Darlehensnehmern, für einen vertraglich festgelegten Zeitraum keine Tilgungsleistungen zu erbringen, sondern ausschließlich Zinsen zu zahlen. Dieses Modell verschafft kurzfristige finanzielle Entlastung und zeitlichen Spielraum, führt jedoch zu einer höheren Restschuld und verlängert die effektive Laufzeit des Kredits.

Anwendungsfälle

Die Tilgungsaussetzung ist ein bewährtes Instrument in der Bau- und Projektfinanzierung, das besonders in frühen Phasen großer Vorhaben zum Einsatz kommt. Bauträger und Bauherren nutzen diese Möglichkeit während der Errichtungsphase, solange weder Mieteinnahmen generiert noch Verkaufserlöse realisiert werden können. In dieser Zeit beschränkt sich die monatliche Belastung auf die Zinszahlungen, was die Liquidität deutlich entlastet.

Auch für Selbstständige und Unternehmen kann der temporäre Verzicht auf Tilgung ein wichtiger Hebel sein – insbesondere in wirtschaftlich schwierigen Zeiten oder bei unerwarteten Ausgaben. Durch die Aussetzung der Tilgung entsteht kurzfristig zusätzlicher finanzieller Spielraum, der operative Engpässe überbrücken kann. Bei Großinvestitionen oder langfristigen Entwicklungsprojekten, etwa im Bereich Hotel- oder Infrastrukturbau, wird die Tilgung häufig bis zur tatsächlichen Inbetriebnahme oder Fertigstellung des Objekts ausgesetzt.

Die vertragliche Ausgestaltung der Tilgungsaussetzung ist klar geregelt. Die Dauer liegt in der Praxis meist zwischen sechs Monaten und zwei Jahren, in Einzelfällen auch darüber hinaus. Die Aussetzung wird entweder als Ergänzung zum ursprünglichen Darlehensvertrag schriftlich festgehalten oder notariell beurkundet. In einigen Fällen ist eine erneute Gegenzeichnung durch den Darlehensnehmer erforderlich. Die Zinsbindung bleibt während der Aussetzungsphase in der Regel unverändert bestehen – nur der Tilgungsbeginn verschiebt sich entsprechend.

Nach Ablauf der vereinbarten Frist erfolgt der Wiedereinstieg in die Tilgung automatisch. Entweder wird der ursprüngliche Tilgungsplan wieder aufgenommen oder es tritt ein neuer Tilgungsplan in Kraft, der auf die veränderte Restlaufzeit und Restschuld abgestimmt ist. Für Kreditnehmer bedeutet das Planungssicherheit während der Aussetzungsphase und eine klare Perspektive für die anschließende Rückzahlungsphase.

Chancen der Tilgungsaussetzung

  • Kurzfristige Liquiditätsentlastung: Freisetzung von Mitteln für Betriebskosten, Investitionen oder andere Verbindlichkeiten.
  • Flexibilität für Projektzeiträume: Synchronisation des Rückzahlungsbeginns mit den zu erwartenden Einnahmen.
  • Vermeidung von Finanzierungsengpässen: Insbesondere in der Gründungs- und Bauphase unterstützt die Aussetzung die Stabilisierung der Liquidität.

 

Risiken und Nachteile

  • Steigende Zinskosten: Da die Restschuld während der Aussetzung konstant bleibt, fallen weiterhin Zinsen auf den vollen Darlehensbetrag an.
  • Höhere Gesamtlaufzeit und Restschuld: Die Tilgung beginnt später und die Laufzeit verlängert sich entsprechend, sofern keine Ratenerhöhung erfolgt.
  • Finanzplanungsaufwand: Erfordert eine sorgfältige Kalkulation, da nach Aussetzung höhere Raten oder eine verlängerte Tilgungsphase drohen.

Steuerliche Aspekte

In vielen Fällen können die in der Aussetzungsphase anfallenden Zinsen als Betriebsausgabe (bei Selbstständigen und Unternehmen) oder Werbungskosten (bei vermieteten Immobilien) steuerlich absetzbar sein. Eine individuelle steuerliche Beratung ist empfehlenswert, um den optimalen Vorteil zu erzielen.

Praxisbeispiel

Ein mittelständisches Unternehmen erhält für eine zweijährige Erweiterungskreditlinie eine Tilgungsaussetzung. Über diesen Zeitraum zahlt es nur Zinsen, sodass die verfügbaren Mittel in den Ausbau investiert werden können. Nach Ablauf der Aussetzung startet das Unternehmen mit einer höheren Tilgungsrate, die durch die im Projekt erzielten Umsätze gedeckt ist.

Fazit

Die Tilgungsaussetzung ist ein sinnvolles Instrument zur kurzfristigen Liquiditätssteigerung und zur Abstimmung von Tilgungsbeginn und Projekterlösen. Sie sollte jedoch nur für klar definierte Engpasszeiten genutzt werden, da sie die Zinskosten erhöht und die Gesamtlaufzeit verlängert. Eine präzise Planung des Wiedereinstiegs und gegebenenfalls kombinierte Sondertilgungsstrategien sind entscheidend, um unerwünschte finanzielle Belastungen zu vermeiden.

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