Das Disagio – auch Abgeld oder Damnum – hat im Kreditwesen eine doppelte Funktion: Es senkt den Nominalzins über die gesamte Laufzeit und verschiebt gleichzeitig Zinsaufwand in die Gegenwart. Historisch stammt das Instrument aus dem Anleihemarkt, wo Emittenten Coupons attraktiv niedrig halten wollten. Bei Immobilienkrediten kommt es heute vor allem in hochvolumigen oder steuergetriebenen Finanzierungen zum Einsatz.
Beim Vertragsabschluss behält die Bank einen Prozentsatz der Darlehenssumme ein. Diese Vorabzahlung ist rechtlich ein Zins , auch wenn sie buchhalterisch als Abschlag erscheint. Der tatsächliche Effektivzins ergibt sich aus der internen Zinsfuß?Formel, die alle Zahlungen – einschließlich Disagio – auf den Vertragsbeginn abzinst. Faustregel: Je länger die Zinsbindung und Tilgungsdauer, desto stärker nähert sich der Effektivzins dem niedrigeren Nominalzins an.
Die Preisangabenverordnung (PAngV) verpflichtet Kreditgeber, das Disagio im Effektivzins auszuweisen. In Bankaufsicht und Bilanzierung (IFRS 9, HGB) wird es als „Transaction Cost“ aktiviert und über die Laufzeit amortisiert. Bei Verstößen drohen Abmahnungen durch Verbraucherzentralen.
Für Vermieter ist ein Disagio bis 5 % sofort abzugsfähig, sofern die Zinsbindung mindestens fünf Jahre beträgt. Beträgt das Disagio 10 % oder mehr, prüft das Finanzamt, ob ein Gestaltungsmissbrauch vorliegt. Bei gewerblichen Krediten wird das Damnum aktiviert und über die Laufzeit linear aufwandswirksam. Eigennutzer können das Disagio nicht steuerlich geltend machen, profitieren aber von der niedrigeren Rate.
Ob sich ein Disagio lohnt, hängt von drei Variablen ab: eigener Steuersatz, geplante Haltedauer und Kapitalverfügbarkeit. Investoren mit Spitzensteuersatz und langfristiger Haltedauer profitieren überproportional. Wer dagegen in fünf Jahren verkaufen möchte, trägt das Risiko, dass der Vorab?Zins „verfällt“. Zudem erhöht der Abschlag den sofortigen Eigenkapitalbedarf und kann Liquidität für Modernisierung oder Nebenkosten binden.
Anstelle eines Disagios könnte der Kreditnehmer Sondertilgungen vereinbaren oder bei variablen Darlehen einen Cap erwerben. Auch ein höherer Tilgungssatz erzielt Zinsersparnisse, ohne Liquidität zu Beginn zu entziehen. Verhandelt werden kann ferner ein Staffelzins, bei dem der Nominalzins erst sukzessive steigt.
- Zinsumfeld: In einer Phase fallender Zinsen ist ein Disagio tendenziell unattraktiver; besser wäre dann eine kurze Zinsbindung.
- Vorzeitige Ablösung: Bei Verkauf oder Umschuldung ist das Disagio meist verloren; nur selten erstatten Banken anteilig.
- Bonitätswirkung: Hohe Vorab?Zahlungen können die Liquidität so stark reduzieren, dass Folgeinvestitionen erschwert werden.
Das Disagio ist ein Werkzeug der Feinjustierung zwischen Rate, Steuer und Liquidität. Es entfaltet seine Vorteile nur bei langen Laufzeiten , hoher Steuerprogression und stabiler Haltestrategie. Wer diese Parameter nicht erfüllt, sollte Alternativen prüfen und das Disagio, falls dennoch vereinbart, moderat dimensionieren.